Juliana Hassler
half Kindern, ihre eigenen Schoko-Osterhasen
herzustellen.
Tote Tiere sind für viele kein leichter Anblick. Auf Jäger sollte diese Aussage wohl nicht zutreffen – das würde man zumindest meinen
Tuttwil Der Tuttwiler Jäger Martin Ebner gibt Einblick ins Paradox zwischen Jagd und Naturschutz und erklärt, warum es ihm wichtig ist bei der Rettung von Rehkitzen zu helfen. Dabei erzählt er auch von den Schattenseiten der Rehkitzrettung und seinen Beweggründen trotzdem noch lange weiterzumachen. Gerade im Zusammenhang mit dem grossen, bösen Wolf findet Martin Ebner die Gewichtung der Wichtigkeit und der medialen Aufmerksamkeit ungerechtfertigt. «Der Anteil an Wildtieren, die durch Unfälle mit dem Menschen umkommen, ist deutlich höher als der Schaden, der durch Wildtiere an Nutztieren entsteht.»
So oder so wird er als passionierter Jäger und Mitglied der Jagdgesellschaft Wängi-Heidelberg regelmässig mit toten Tieren konfrontiert. Beim Tod von Wildtieren im Zusammenhang mit Unfällen, wie im Strassenverkehr oder mit Mähmaschinen, ist Ebner mitverantwortlich an der Entsorgung der Kadaver. Denn Jäger würden in ihrem jeweiligen Jagdgebiet extra aufgeboten, wenn ein Wildtier erlöst, zusammengelesen und anschliessend entsorgt werden müsse. Mähtode sieht Ebner dabei als besonders vermeidbar und engagiert sich auch selbst für die Rehkitzrettung.
Jedes Jahr zwischen Ende April und Mitte Juni setzen die Rehgeissen ihre Kitze in das hohe Gras. Auch in dieser Zeit werden die Wiesen gemäht, wobei mehrere tausend Rehkitze pro Jahr vermäht werden. Denn der angeborene Drückinstinkt veranlasst Rehkitze, sich bei Gefahr ganz still zu verhalten und sich an den Boden zu drücken. Nach zwei bis drei Lebenswochen verliert sich dieser Instinkt. Dennoch verlassen sich die Rehkitze immer noch auf ihre gute Tarnung und springen erst auf, wenn die Gefahr auf wenige Meter herangekommen ist. Zu spät also, um sich vor einer schnell herankommenden Landmaschine in Sicherheit zu bringen. «Wenn ein Rehkitz von einem Mähwerk erfasst wird, dann wird es im besten Fall schnell getötet und zurück bleibt eine suchende Rehgeiss, die oft noch stundenlang nach dem Nachwuchs ruft. Im schlimmsten Fall werden dem Kitz Extremitäten abgeschnitten, was einen langen Leidensweg vor dem Tod bedeutet.» Bei der Jagd hingegen sei in 99 Prozent der Fälle der erste Schuss tödlich, so Ebner.
Für ihn habe die Jagd mit Tierleid nichts zu tun. «Ich will ehrlich sein, Jagen ist eine Passion», so Ebner. Er jage für Trophäen, aber vor allem auch, um sich zu ernähren. «Ich esse liebend gerne ein Stück Rehgeschnetzeltes. Wenn ich selber jage und Wild esse, dann weiss ich, dieses Tier hat frei gelebt. Wer jedoch abgepacktes Fleisch beim Discounter kauft, hat meist wenig Ahnung, wo das Tier herkommt oder wie es bis zur Schlachtung gelebt hat. Bei unseren Wildtieren weiss ich das und trage sogar selber zum Erhalt eines guten Lebensraumes der Wildtiere bei.» So hilft er auch bei der Rettung der Kitze vor dem Mähtod.
Schon seit neun Jahren geht Martin Ebner regelmässig mit den Rehkitzrettern auf Tour. «In jeder vierten oder fünften Wiese liegen Kitze, meist sind es zwei Tiere pro Rehgeiss. Wenn Bauern melden, dass sie mähen werden, gehen wir dann in einem Team von drei bis vier Leuten um etwa 5 Uhr morgens los. Von da an durchsuchen wir bis zu 16 Wiesen jeden Morgen. Suchen können wir aber nur bis etwa 9 Uhr, denn danach hat sich der Boden bereits so stark aufgeheizt, dass das Kitz auf der Wärmebildkamera der Drohne kaum mehr von der Umgebung zu unterscheiden ist», erklärt er das Vorgehen. Die gefundenen und gefangenen Kitze werden dann mittels Ohrmarke markiert und in einem Harass abgelegt, wo sie geschützt verweilen, bis der Bauer meldet, dass er mit der Mähmaschine durch ist. Leider klappt nicht immer alles wie geplant, wie Ebner im Gespräch verrät. «Es gibt noch keine 100-prozentige Methode zur Kitzrettung».
Einer der Fälle, bei dem dies trotz grösster Bemühungen aller Beteiligter nicht klappte, ereignete sich im Jahr 2019 in einer Biowiese, die voller Blumen, Klee und eben auch Kitze war. «Im besten Fall fangen wir die Kitze ein und setzen sie unter die geschützten Harasse. Sobald die Kitze aber ein paar Wochen alt sind, laufen sie vor uns davon.» Das sei aber kein Problem, denn dann rennen sie meist in den Wald oder in eine andere Wiese und der Bauer könne trotzdem mähen, so Ebner. Im besagten Fall wurden zwei Kitze bereits in einer früheren Aktion gefangen und markiert. Auch dieses Mal konnten sie aufgespürt und aus der Wiese vertrieben werden. In der Zeit zwischen dem Vertreiben und dem Mähen, liefen diese allerdings bereits zurück in die besagte Wiese – ein fataler Fehler. Denn nach dem Mähen folgte die traurige Gewissheit: die beiden markierten Kitze sowie ein weiteres wurden von der Mähmaschine erfasst. Dies erfuhr Martin Ebner erst später. Der für ihn traumatisierendste Fall ereignete sich hingegen erst vor Kurzem. Denn dort war er live dabei, als das Undenkliche geschah.
Im Mai dieses Jahres war Martin Ebner erneut unterwegs bei der Rehkitzrettung. Wie immer meldete sich der Bauer am Tag zuvor, dass er am nächsten Tag mähen würde. Ebner und sein Team suchten die Wiese ab und fanden zwei Kitze, die jedoch bereits so gross waren, dass sie flüchteten. «Die Gefahr war aber gross, dass die Kitze bis zum Mähbeginn wieder in die Wiese zurückkehren würden. Deswegen lief ich das ganze Feld entlang, während der Bauer mähte», so Ebner. «Es war nur noch ein Streifen von etwa fünf Metern Breite übrig und da hörte ich es, ein Knacken, das wie das Zerkleinern von Steinen in einem Steinbrecher klang, und das Kitz kam aus dem anderen Ende der Maschine rausgeschossen – es war sofort tot. Nur das Geräusch bleibt», sagt Ebner betrübt. Dieses Knacken verfolge ihn auch noch heute. Aufgrund solcher traumatischen Erfahrungen einfach mit der Rehkitzrettung aufzuhören, komme für Ebner aber nicht infrage: «Wir konnten schon so viele Kitze retten, es wird auch in Zukunft wichtig sein, dass Jäger, Landwirte und Rehkitzretter fürs Tierwohl eng zusammenarbeiten.»
«Die Methode des Verblendens, bei der am Abend vor dem Mähen Stöcke mit Plastiksäcken im Feld verteilt werden, ist veraltet», sagt Ebner. Die Wildtiere seien schon so sehr an uns Menschen, den Lärm und die stetigen Veränderungen gewöhnt und nehmen ihre Kitze nicht mehr aus dem Feld. Die Rettung mit Drohnen hingegen funktioniere gemäss dem Jäger super und die Technologie werde sogar von Jahr zu Jahr fortschrittlicher.
jms
Ettenhausen Letzte Woche machte ein Video aus Ettenhausen zuerst auf Whatsapp und danach in den sozialen Medien die Runde. Entstanden sei es bereits am Donnerstag, 23. Mai; am 28. Mai veröffentlichte der Verband Thurgauer Landwirtschaft das Video auf seinem Instagram-Kanal. Auf dem kurzen Film sieht man ein Tier, das zunächst über die Wiese spaziert, etwas herumschaut, dann jedoch unter einem Zaun durchschlüpft und später im Wald verschwindet. Es sieht verdächtig nach einem Wolf aus und schafft es sogleich, bei den lokalen Schaf- und Nutztierhaltern für einen Moment der Aufregung zu sorgen. Michael Vogel von der Jagd- und Fischereiverwaltung des Kantons Thurgau sagt gegenüber dem «Thurgauer Bauer», dass es sich bei dem abgebildeten Tier jedoch lediglich um einen gewöhnlichen Hund der Rasse Tschechischer Wolfshund handle. Dafür würden mehrere eindeutige Indizien sprechen, wie er versichert. Wem der Hund gehöre und ob er inzwischen wieder bei seinem Besitzersei, konnte er jedoch nicht sagen.
jms
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