Tina Odermatt
leitet den Jugendtreff in Münchwilen.
Enrico Bonagura bietet im Centro auch administrative Hilfe an. ale
Der 26. Oktober 2022 war ein schwarzer Tag für die italienischen Schulen in der Schweiz.
Niederuzwil/Wil Die Schulzimmer für Kinder mit italienischen Wurzeln sind seit dem Spätherbst 2022 verwaist. «Lichter aus an italienischen Schulen», titelten die WN am 3. November. Seither ist der Unterricht aufgrund fehlender Gelder eingestellt. «Die italienischen Schulen werden zum grössten Teil durch den italienischen Staat finanziert. Eltern leisten einen kleinen Beitrag», sagt Enrico Bonagura. Der Niederuzwiler ist gewählter Consigliere des Comites San Gallo (Komitee der Italiener im Ausland) und hat sich damals bei den WN zu Wort gemeldet. In der Zwischenzeit hat Bonagura den Fall aus eigenem Antrieb weiter untersucht. Er weiss, dass ehemalige Italienischlehrer noch bis im Juli unentgeltlich Unterricht geben. Danach ist aber Schluss. Es sei schwierig, auf den wahren Grund zu gehen betreffend die fehlende italienische Staatsfinanzierung. Für ihn stehe aber ausser Frage, dass hier etwas nicht sauber gelaufen sei, erklärt Enrico Bonagura und ergänzt: «Niemand weiss bis heute, wo die Gelder aus Rom geblieben sind. Auch die Schulgelder der Eltern in der Schweiz sind irgendwo versickert. Zudem erhalten auch die Comites keine Gelder mehr. Das ist unhaltbar.»
Gemäss Bonagura plant die italienische Regierung, den fakultativen Betrag für Eltern in der Schweiz auf 350 Franken zu erhöhen und obligatorisch zu machen. Enrico Bonagura sieht dem Ansinnen der Regierung mit Skepsis entgegen. Statt aber einfach die Faust im Sack zu machen, hat er ein Projekt zur Finanzierung der Schulen parat. «Mein Plan sieht Folgendes vor. Jeder Italiener in der Schweiz zahlt monatlich zehn Franken. Das macht 120 Franken im Jahr. Der Solidaritätsbeitrag ist aber nicht obligatorisch», sagt Bonagura. Er rechne nicht mit 350'000 Italienern, die zahlen, sondern mit 200'000. Somit kämen 24 Millionen Franken jährlich zusammen, erklärt er. Bonagura möchte das Geld aber nicht nur für den Schulbetrieb nutzen. «Mit dem Geld sollen zudem die Comites in der Schweiz sowie kulturelle Anlässe und Patronati unterstützt werden», sagt Bonagura, der oft mit den italienischen Politikern zusammenarbeitet und wichtige Kontakte zur italienischen Regierung pflegt.
Bis anhin verfügten Schulen und Comites über weit mehr als die angestrebten 24 Millionen Franken. Bonagura sieht darin aber kein Problem, sondern eine Chance. «Wir zahlen zwar weniger und haben doch mehr, denn künftig kann jede Person die Rechnungsbücher einsehen. Wir müssen Transparenz schaffen, um Erfolg zu haben, und bei allfälligen Unstimmigkeiten können wir rasch reagieren», ist er überzeugt. Bonagura, der das Centro Italiano in Wil als Präsident unentgeltlich führt, hat mit dem angesprochenen System gute Erfahrungen gemacht. Im Centro könne jede Person die Rechnungsführung jederzeit einsehen, so Bonagura. Auch in Bezug auf italienische Festivitäten ist sich der Präsident des Centro sicher, dass in der Vergangenheit nicht immer alles mit rechten Dingen zu- und hergegangen ist. «Künftig sollen solche Machenschaften nicht mehr möglich sein. Das ist gut so», sagt Enrico Bonagura. Er ist überzeugt, dass seine Projektidee nach einer Testphase auch international Gehör findet. Seine Idee der Refinanzierung der Schule finde in italienischen Kreises Anklang, erzählt er.
Im Centro Italiano in Wil hat sich der umtriebige Italiener Enrico Bonagura ein kleines Büro eingerichtet und möchte den italienischen Treffpunkt stetig erweitern. Er bietet seinen Landsleuten jederzeit kostenlos administrative Unterstützung an. «Ich habe bemerkt, dass meine Landsleute manchmal Schwierigkeiten haben, mit Formularen zurechtzukommen, da möchte ich helfen», sagt er.
Als Mitglied des Comites kann er bei der Erstellung von Kinderpässen behilflich sein und das zeitliche Verfahren verkürzen. «Wenn jemand für sein Kind (bis 8 Jahre) einen Pass benötigt, kann das mehrere Monate dauern. Bei mir geht das zügiger», sagt er. Bonagura füllt im Centro Italiano mit den Bittstellern das Formular aus. Dieses muss mit einem Passfoto bestückt und auf der Gemeinde gestempelt werden. Danach nimmt er das Dokument mit in das italienische Honorarkonsulat in St.Gallen. «Von dort wird das Formular nach Zürich geschickt und der Bittsteller erhält den neuen Pass per Post», erklärt Bonagura.
Von Andreas Lehmann
Sende uns ein Bild oder Video! Bild hochladen
Wir verwenden Cookies zur Unterstützung der Benutzerfreundlichkeit. Mit der Nutzung dieser Seite erklären Sie sich einverstanden, dass Cookies verwendet werden. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Datenschutzerklärung
Lade Fotos..