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Sonntag, 28. Mai 2023
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Es gibt Tage, an welchen man auf die Arbeit verzichten möchte. Doch meistens legt sich dieser Blues rasch. Doch was, wenn nicht? Was ist, wenn uns die Arbeit krank macht? Die WN haben Dr. Jörg Bitter, leitender Arzt der Psychiatrie St. Gallen Nord getroffen, um mit ihm darüber zu sprechen.
WilDr. Bitter, welchen Stellenwert hat die Arbeit bei uns?
Denken Sie nur daran, wie schnell Gespräche auf die Arbeit gelenkt werden. Wir sprechen gerne darüber. Darin finden wir Anerkennung und es steigert unser Selbstwertgefühl. So ist man ein Teil der Gesellschaft. Der Stellenwert ist dementsprechend hoch.
Was hat die Arbeitswelt im Gegensatz zu früher verändert?
Das begann um die Jahrhundertwende mit der Einführung des PCs. Die Digitalisierung bringt Vorteile mit sich. Doch diese Entwicklung verunsichert und es könnten Ängste entstehen.
Was sind das für Ängste?
Die Generation nach dem Zweiten Weltkrieg war eine «Bergaufgeneration». Die Zukunft schien gesichert. Das ist bei uns anders. Es ist für uns ungewiss, wie sich unsere berufliche Welt in den nächsten Jahren verändern wird. Es entstehen dadurch in der Gesellschaft Ängste.
Worin sehen Sie eine weitere Veränderung?
Damals, in den 80er bis 90er Jahren war Disziplin ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Arbeitswelt. Arbeitnehmer hatten genau das auszuführen, was verlangt wurde. Heute ist das nicht mehr so selbstverständlich. Die Verantwortung wird an den Arbeitnehmenden übertragen. Dieser ist mitverantwortlich, dass das Ergebnis in seinem Arbeitsbereich gesteigert wird.
Der persönliche Druck steigt?
Ganz genau.
Es wird immer mehr erwartet, wo sind die Grenzen?
Bis anhin gibt es keine. Die Gesellschaft fordert stetig Optimierung. Organisationsstrukturen werden immer wieder angepasst und die Effizienz muss gesteigert werden. Die Selbstoptimierung dehnt sich nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im Privaten aus. Das Gleichgewicht ist nicht gegeben.
Welche Nachteile könnten entstehen?
Es ist oft der Fall, dass wir unsere eigenen Grenzen nicht beachten. Die Arbeitsleistung wird immer weiter gesteigert und wenn die erwartete Anerkennung ausbleibt, können Probleme und psychische Krisen entstehen.
Wie wirkt sich die ständige Erreichbarkeit auf unsere Psyche aus?
Wir trennen das Private und Geschäftliche oft nicht mehr. Wie schnell kommt es vor, dass man den geschäftlichen Anruf abends um 21 Uhr noch entgegennimmt oder um diese Zeit noch schnell eine Mail an Kunden verschickt? Damit signalisieren wir: «Schauen Sie, selbst um diese Zeit arbeite ich noch.» Es steigert unser Selbstwertgefühl. Es widerspiegelt die Wichtigkeit der Arbeit. Disziplin ist bedeutend.
Was wäre denn für eine gute Work-Life-Balance wichtig?
Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und sich darüber im Klaren zu sein, ab wann man nicht mehr erreichbar sein möchte. Auch sollte man sich nur zumuten, was wirklich noch bewerkstelligt werden kann. Beispielsweise, indem man sich jeden Tag kleine Päckchen macht, in denen abgehakt wird, was getan werden kann und muss. Ebenfalls sollte man sich bewusst machen, was man geniesst und was man nebst der Arbeit gerne macht.
Ist die Arbeitswelt zu stressig?
Stress hat verschiedene Faktoren. Unter anderem, ob die anfallende Arbeitsmenge für den Arbeitnehmenden zu bewältigen ist. Es ist dann belastend, wenn der Arbeitnehmende sieht, dass die Kontrolle über das eigene Tun und Handeln fehlt und über ihn bestimmt wird und er kein Mitspracherecht hat. Ein Problem ist es, wenn die Anerkennung der geleisteten Arbeit durch die Vorgesetztenstelle fehlt. Das ist mit ein Grund, weshalb Personen in leitenden Funktionen weniger unter Burnout stehen, sprich weniger depressionsgefährdet sind als die Angestellten ohne Leiterfunktion.
Welches sind die häufigsten psychischen Krankheiten, die wegen der Arbeit auftreten können?
Das sind Depressionen und Angsterkrankungen.
Burn-out?
Burn-out ist keine definierte psychische Krankheit sondern eine Risikozustand, der beispielsweise in eine Depression münden kann. Bei Burn-out fühlt man sich emotional erschöpft, schläft schlecht, ist leicht reizbar, schafft eine Distanz zum Arbeitsplatz und die Arbeitsleistung nimmt ab. Wichtig ist es, dass dann darüber gesprochen wird. Sollte es sich nicht verbessern, sollte man einen Gesprächstermin mit dem Hausarzt abmachen. Burn-out an sich ist nicht einheitlich definiert.
Warum?
Es gibt keine genaue Definition und Statistiken zu Burn-out. Im Gegensatz zu Depressionen hat Burn-out jedoch eine hohe Akzeptanz.
Weshalb wird Burn-out akzeptiert?
Die Gesellschaft assoziiert Burn-out damit, dass sich die Person übermässig mit der Arbeit auseinandergesetzt hat. Die Leistung für die Gesellschaft war hoch. Die Wertung bei Depressionen fehlt völlig. Da sagt man eher, die Person müsse sich zusammenreissen und das würde mit genügend Willensstärke schon gehen.
Burn-outs sind schöngeredete Depressionen?
Zum Teil ist das so.
Was genau sind Depressionen?
Depressionen beschreiben primär emotionale Symptome. Es ist ein Zustand von Gefühllosigkeit, es treten Schlafstörungen und Interesseverlust auf. Es kann die Konzentration und unsere Fähigkeit zu denken beeinträchtigen. Die Betroffenen ziehen sich zurück und meiden soziale Kontakte. Von einer Depression wird gesprochen, wenn sich dieser Zustand mindestens über zwei Wochen hinwegzieht. Depressionen bestehen aus verschiedenen persönlichen Faktoren. Da kann die Arbeit einer davon sein.
Was für Personen befinden sich bei Ihnen wegen Depressionen in Behandlung?
Der Grossteil der Patienten steht nicht im Arbeitsprozess. Es sind Personen, die aus dem Arbeitsprozess herausgefallen sind und in der Folge auch ihre sozialen Kontakte verlieren. Oftmals haben die Betroffenen auch einen Verlust oder andere Schicksalsschläge erleiden müssen.
Wie helfen Sie den Betroffenen zurück in den Alltag?
Bei Depressionen verhält es sich wie bei anderen Krankheiten. Je früher sie erkannt werden, desto besser. Dann kommt es darauf an, ob die Patienten ambulant, in der Tagesklinik oder stationär bei uns sind. Wir überprüfen, wo die Fähigkeiten der Patienten sind und fördern diese. Das Wichtigste ist, die Patienten, sobald es zumutbar ist, wieder an den Arbeitsmarkt zu binden. Es ist sehr bedeutend, wieder ein Teil der Gesellschaft zu werden.
Depressionen sind noch immer ein Tabuthema. Doch das sollte nicht mehr so sein, richtig?
Auf alle Fälle. Wir sollten über Depressionen reden können wie über Diabetes.
Dr. Jörg Bitter, ist der Leiter der Stationären Erwachsenenpsychatrie St.Gallen Nord. Am Montag. 27. Mai hält er von 19.30 bis 21 Uhr in der Psychiatrie St.Gallen Nord, Restaurant C03 ein Referat zum Thema: «Heutige Arbeitswelt– macht sie uns krank?»
Francesca Stemer
Es gibt Tage, an welchen man auf die Arbeit verzichten möchte. Doch meistens legt sich dieser Blues rasch. Doch was, wenn nicht? Was ist, wenn uns die Arbeit krank macht? Die WN haben Dr. Jörg Bitter, leitender Arzt der Psychiatrie St. Gallen Nord getroffen, um mit ihm darüber zu sprechen.
WilDr. Bitter, welchen Stellenwert hat die Arbeit bei uns?
Denken Sie nur daran, wie schnell Gespräche auf die Arbeit gelenkt werden. Wir sprechen gerne darüber. Darin finden wir Anerkennung und es steigert unser Selbstwertgefühl. So ist man ein Teil der Gesellschaft. Der Stellenwert ist dementsprechend hoch.
Was hat die Arbeitswelt im Gegensatz zu früher verändert?
Das begann um die Jahrhundertwende mit der Einführung des PCs. Die Digitalisierung bringt Vorteile mit sich. Doch diese Entwicklung verunsichert und es könnten Ängste entstehen.
Was sind das für Ängste?
Die Generation nach dem Zweiten Weltkrieg war eine «Bergaufgeneration». Die Zukunft schien gesichert. Das ist bei uns anders. Es ist für uns ungewiss, wie sich unsere berufliche Welt in den nächsten Jahren verändern wird. Es entstehen dadurch in der Gesellschaft Ängste.
Worin sehen Sie eine weitere Veränderung?
Damals, in den 80er bis 90er Jahren war Disziplin ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Arbeitswelt. Arbeitnehmer hatten genau das auszuführen, was verlangt wurde. Heute ist das nicht mehr so selbstverständlich. Die Verantwortung wird an den Arbeitnehmenden übertragen. Dieser ist mitverantwortlich, dass das Ergebnis in seinem Arbeitsbereich gesteigert wird.
Der persönliche Druck steigt?
Ganz genau.
Es wird immer mehr erwartet, wo sind die Grenzen?
Bis anhin gibt es keine. Die Gesellschaft fordert stetig Optimierung. Organisationsstrukturen werden immer wieder angepasst und die Effizienz muss gesteigert werden. Die Selbstoptimierung dehnt sich nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im Privaten aus. Das Gleichgewicht ist nicht gegeben.
Welche Nachteile könnten entstehen?
Es ist oft der Fall, dass wir unsere eigenen Grenzen nicht beachten. Die Arbeitsleistung wird immer weiter gesteigert und wenn die erwartete Anerkennung ausbleibt, können Probleme und psychische Krisen entstehen.
Wie wirkt sich die ständige Erreichbarkeit auf unsere Psyche aus?
Wir trennen das Private und Geschäftliche oft nicht mehr. Wie schnell kommt es vor, dass man den geschäftlichen Anruf abends um 21 Uhr noch entgegennimmt oder um diese Zeit noch schnell eine Mail an Kunden verschickt? Damit signalisieren wir: «Schauen Sie, selbst um diese Zeit arbeite ich noch.» Es steigert unser Selbstwertgefühl. Es widerspiegelt die Wichtigkeit der Arbeit. Disziplin ist bedeutend.
Was wäre denn für eine gute Work-Life-Balance wichtig?
Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und sich darüber im Klaren zu sein, ab wann man nicht mehr erreichbar sein möchte. Auch sollte man sich nur zumuten, was wirklich noch bewerkstelligt werden kann. Beispielsweise, indem man sich jeden Tag kleine Päckchen macht, in denen abgehakt wird, was getan werden kann und muss. Ebenfalls sollte man sich bewusst machen, was man geniesst und was man nebst der Arbeit gerne macht.
Ist die Arbeitswelt zu stressig?
Stress hat verschiedene Faktoren. Unter anderem, ob die anfallende Arbeitsmenge für den Arbeitnehmenden zu bewältigen ist. Es ist dann belastend, wenn der Arbeitnehmende sieht, dass die Kontrolle über das eigene Tun und Handeln fehlt und über ihn bestimmt wird und er kein Mitspracherecht hat. Ein Problem ist es, wenn die Anerkennung der geleisteten Arbeit durch die Vorgesetztenstelle fehlt. Das ist mit ein Grund, weshalb Personen in leitenden Funktionen weniger unter Burnout stehen, sprich weniger depressionsgefährdet sind als die Angestellten ohne Leiterfunktion.
Welches sind die häufigsten psychischen Krankheiten, die wegen der Arbeit auftreten können?
Das sind Depressionen und Angsterkrankungen.
Burn-out?
Burn-out ist keine definierte psychische Krankheit sondern eine Risikozustand, der beispielsweise in eine Depression münden kann. Bei Burn-out fühlt man sich emotional erschöpft, schläft schlecht, ist leicht reizbar, schafft eine Distanz zum Arbeitsplatz und die Arbeitsleistung nimmt ab. Wichtig ist es, dass dann darüber gesprochen wird. Sollte es sich nicht verbessern, sollte man einen Gesprächstermin mit dem Hausarzt abmachen. Burn-out an sich ist nicht einheitlich definiert.
Warum?
Es gibt keine genaue Definition und Statistiken zu Burn-out. Im Gegensatz zu Depressionen hat Burn-out jedoch eine hohe Akzeptanz.
Weshalb wird Burn-out akzeptiert?
Die Gesellschaft assoziiert Burn-out damit, dass sich die Person übermässig mit der Arbeit auseinandergesetzt hat. Die Leistung für die Gesellschaft war hoch. Die Wertung bei Depressionen fehlt völlig. Da sagt man eher, die Person müsse sich zusammenreissen und das würde mit genügend Willensstärke schon gehen.
Burn-outs sind schöngeredete Depressionen?
Zum Teil ist das so.
Was genau sind Depressionen?
Depressionen beschreiben primär emotionale Symptome. Es ist ein Zustand von Gefühllosigkeit, es treten Schlafstörungen und Interesseverlust auf. Es kann die Konzentration und unsere Fähigkeit zu denken beeinträchtigen. Die Betroffenen ziehen sich zurück und meiden soziale Kontakte. Von einer Depression wird gesprochen, wenn sich dieser Zustand mindestens über zwei Wochen hinwegzieht. Depressionen bestehen aus verschiedenen persönlichen Faktoren. Da kann die Arbeit einer davon sein.
Was für Personen befinden sich bei Ihnen wegen Depressionen in Behandlung?
Der Grossteil der Patienten steht nicht im Arbeitsprozess. Es sind Personen, die aus dem Arbeitsprozess herausgefallen sind und in der Folge auch ihre sozialen Kontakte verlieren. Oftmals haben die Betroffenen auch einen Verlust oder andere Schicksalsschläge erleiden müssen.
Wie helfen Sie den Betroffenen zurück in den Alltag?
Bei Depressionen verhält es sich wie bei anderen Krankheiten. Je früher sie erkannt werden, desto besser. Dann kommt es darauf an, ob die Patienten ambulant, in der Tagesklinik oder stationär bei uns sind. Wir überprüfen, wo die Fähigkeiten der Patienten sind und fördern diese. Das Wichtigste ist, die Patienten, sobald es zumutbar ist, wieder an den Arbeitsmarkt zu binden. Es ist sehr bedeutend, wieder ein Teil der Gesellschaft zu werden.
Depressionen sind noch immer ein Tabuthema. Doch das sollte nicht mehr so sein, richtig?
Auf alle Fälle. Wir sollten über Depressionen reden können wie über Diabetes.
Dr. Jörg Bitter, ist der Leiter der Stationären Erwachsenenpsychatrie St.Gallen Nord. Am Montag. 27. Mai hält er von 19.30 bis 21 Uhr in der Psychiatrie St.Gallen Nord, Restaurant C03 ein Referat zum Thema: «Heutige Arbeitswelt– macht sie uns krank?»
Francesca Stemer
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