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Was bedeutet die Lockerung des Bettelverbots? Darf in Unterführungen nun gebettelt werden? lin/Symbolbild
In Wil wird das strikte Bettelverbot gelockert. Die Änderung im Polizeireglement ist notwendig, damit es nicht mit der Menschenrechtskonvention konfligiert. Die SVP-Fraktion möchte die Anpassung verhindern – und erhält massiven Gegenwind.
Wil Bereits an der vergangenen Parlamentssitzung stand die SVP-Fraktion mit ihrer Forderung alleine da: Ihr Antrag auf Nichteintreten der Anpassung des Polizeireglements sowie der darauffolgende Versuch eines Ratsreferendums scheiterten. Kein Mitglied einer anderen Partei stimmte für das Anliegen der Fraktion. Doch für die SVP ist das Anliegen noch nicht gegessen: Sie möchte nun mit einem Referendum eine Volksabstimmung veranlassen.
In ihrer Medienmitteilung argumentieren die Initianten für ihr Festhalten am strikten Bettelverbot mit den negativen Auswirkungen, die eine Lockerung dessen auf die Sicherheit, die öffentliche Ordnung und das Stadtbild haben könnte. Diese Begründung unterstreicht die SVP mit negativen Erfahrungen aus anderen Städten, konkret mit denjenigen der Stadt St.Gallen: Dort habe sich seit der Lockerung des Bettelverbots die Zahl der bettelnden Personen verdreifacht – die meisten davon seien organisierte Gruppen aus dem Ausland, der sogenannte Betteltourismus. «Die Polizei musste ihre Einsätze massiv verstärken, um den gestiegenen Beschwerden und Sicherheitsbedenken der Bevölkerung nachzukommen, und ist dadurch gezwungen, zusätzliche Ressourcen für Prävention und Einsätze aufzuwenden», heisst es im Referendumsschreiben. Die Stadtpolizei St.Gallen bestätigte, dass sich die Zahl der bettelnden Personen sowie die Meldungen aus der Bevölkerung aufgrund der neuen Rechtslage erhöht haben. Diese Mehrbelastung, argumentiert die SVP, trage in Zeiten erhöhter Kriminalität zu einer weiteren Überlastung der Polizei bei.
Der Vergleich mit St.Gallen beruhe auf der Aktualität und der dort ebenfalls kürzlich erfolgten Gesetzesänderung, wie der SVP-Parlamentarier Andreas Hüssy auf Anfrage der «Wiler Nachrichten» angibt. Vergleiche mit anderen Städten habe seine Fraktion nicht angestellt, man gehe aber davon aus, dass die dortigen Entwicklungen denen in St.Gallen ähneln. Was aus der Medienmitteilung nicht hervorgeht: das Ausmass, welches das strikte Bettelverbot hat: Es tangiert die Menschenrechte (siehe Ausführungen in der Infobox). Und eine Verletzung der Menschenrechtskonvention (EMRK) steht sowohl für die Grünen prowil und die SP als auch für die Mitte und die FDP in jedem Fall klar ausser Frage.
Wenn ein absolutes Bettelverbot als EMRK- und verfassungswidrig beurteilt werde, argumentiert der Fraktionspräsident der Grünen prowil, Michael Sarbach, so sei diese Rechtsprechung für die Stadt Wil verbindlich. Auch die anderen Fraktionen betonen: Menschenrechte seien absolut. Ein Polizeireglement, das Betteln im gesetzlichen Rahmen grösstmöglich einschränke, sei ungültig und könne nicht durchgesetzt werden. «Diese Volksabstimmung wäre in unseren Augen pure Ressourcenverschwendung, weil sie weder an der Rechtslage noch an der Vollzugspraxis etwas ändert», ergänzt Sarbach. Gemäss einer Mitteilung der FDP öffne ein solches ungültiges Polizeireglement organisierten Bettlern sogar die Türen und nehme der Polizei die Möglichkeit, gegen Betteltourismus vorzugehen. Auf Anfrage dieser Zeitung, wie die SVP den bewussten Eingriff in die Menschenrechte rechtfertige, antwortete Fraktionsmitglied Andreas Hüssy, der Gerichtshof habe 2021 einen Fall aus Genf behandelt. Es sei dabei nicht um Wil, sondern um eine Busse von 500 Franken beziehungsweise eine Ersatzfreiheitsstrafe gegangen, die gegen eine Bettlerin verhängt wurde. «Uns geht es um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Stadtbevölkerung. Das Wohl der Einheimischen muss höher gewichtet werden als das sogenannte Recht von Betteltouristen aus dem Ausland», ergänzt der SVP-Parlamentarier.
Genau hier sehen die anderen Fraktionen allerdings das Problem: Eine Klage gegen das unrechtmässige Bettelverbot in Wil würde einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und hätte zwangsweise so oder so eine Lockerung des strikten Verbots zur Folge, heisst es in der Mitteilung der FDP. Ausserdem komme das Problem nicht nur aus dem Ausland, so SP-Präsident Christof Kälin. «Wenn das Betteln allgemein zunimmt, hat das auch mit der Zunahme an Armutsbetroffenen in der Schweiz zu tun. Um die Armut zu bekämpfen, ist die Gesellschaft insgesamt gefordert.» Das Betteln habe in Wil auch mit dem absoluten Bettelverbot stattgefunden, so Kälin. Die Stärke des neuen Nachtrags liege darin, dass er klare Rahmenbedingungen festlege. Dem Betteln werden nicht Tür und Tor geöffnet, ergänzt Adrian Bachmann, Fraktionspräsident der Mitte. «Gegen aufdringliche oder organisierte Bettelei kann und soll weiterhin vorgegangen werden. Diesbezüglich sind sich alle Fraktionen einig»,doppelt der Grüne-Politiker Michael Sarbach nach.
Linda Bachmann
Seit 2016 gilt in Wil ein allgemeines Bettelverbot. «Das Betteln ist in der Öffentlichkeit verboten», wird es im Polizeireglement festgehalten. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2021 ist ein generelles Bettelverbot allerdings unzulässig: Das Verbot hindere Menschen daran, mit anderen in Kontakt zu treten, um Unterstützung für ihre Grundbedürfnisse zu erhalten. Besonders problematisch sei dies für Personen, die nicht über ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt verfügen.InsolchenFällenwerde ihre Menschenwürde direkt beeinträchtigt. Das Recht, andere um Hilfe zu bitten, ist ein essenzieller Bestandteil der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der das Recht auf Privat- und Familienleben schützt. Das generelle Bettelverbot in Wil soll deshalb nun gelockert werden. «Mit Busse wird bestraft, wer im öffentlichen Raum oder an allgemein zugänglichen Orten bettelt und dabei die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung stört», steht nun im Polizeireglement. Verboten bleibt das Betteln in «aufdringlicher oder aggressiver Art und Weise», vor öffentlich zugänglichen Gebäuden, Einrichtungen oder Geschäfts- und Restaurationsbetrieben und im Wartebereich des öffentlichen Verkehrs; bei Geld-, Zahlungs- und Billettautomaten; auf Märkten sowie im Umkreis von fünf Metern um Verkaufsstände oder Aussenrestaurants; auf Friedhöfen, SpielplätzenundSchulanlagen, in Unterführungen sowie um deren Ein- und Ausgänge
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